Hilflose Blicke ins Publikum

Von Detlef Volk

So muss es früher am Hofe bei Fürsten, Königen und Kaisern zugegangen sein. Der Hofnarr hält den anwesenden Herrschaften den Spiegel ihres Fehlverhaltens vor, es wird herzlich und zustimmend gelacht, aber geändert hat sich nicht wirklich etwas. In dieser Rolle trat der Berliner Kabarettist Arnulf Rating im Rahmen der „Trebur Theater Tage“ (TTT) im ausverkauften Ratssaal auf.

Bissiger Humor verschont niemand

Mit seinem bissigen Humor verschonte er niemand und schon gar nicht die Treburer Zuschauer. „Aufwärts“ war sein Programm betitelt, doch wirklich aufwärts geht es nicht für alle. Darauf konnten sich die 164 Zuschauer bereits vorher einstellen, denn ein Plakat von Rating beherrschte die Bühne, auf der es deutlich abwärts ging.

Mit seinen Kommentaren verschonte er die Bahn nicht - und fand auch den Stuttgarter Bahnhof unter der Erde prima, da müsse man sich bei der Durchfahrt nicht das „Kehrwochenelend“ ansehen.

Im Bereich Politik bekamen nicht nur die Politiker aller Farbspiele ihr Fett weg, auch die Wähler blieben nicht ungeschoren. Immer wieder wurde dabei sein Redeschwall vom etwas hilflosen Blick ins Treburer Publikum unterbrochen und der Verwunderung, dass alles klaglos akzeptiert werde.

Denn die Politiker heute seien doch die Leute, mit denen früher in der Schule keiner spielen wollte. Zum Glück gebe es aber Experten und Fachleute von Firmen und aus Stiftungen, die nun die Gesetze machten. Die Beamten würden das ja gar nicht schaffen, bediente er alle bekannten Klischees vom arbeitsscheuen Beamten. Oder wäre ein Beamter auf die Idee gekommen, das Arbeitsamt in „Job-Center“ umzubenennen?

Dem Publikum die Augen geöffnet

Auch bei der Abwrackprämie für alte Autos öffnete er dem Publikum die Augen. Neun Jahre alte Autos wurden verschrottet, 30 Jahre alte Atomkraftwerke dürfen weiter laufen. Und bei der Prämie habe der Staat sogar kräftig mitverdient, denn durch die Mehrwertsteuer sei der Betrag locker wieder reingekommen.

Für Rating („die älteste Rating-Agentur Deutschlands“) steht es fest: „Die Krise zahlen wir.“ Wie beim Auto, so auch bei den Banken. Und auch die Aussage von einer Million neuen Jobs sei mit Vorsicht zu genießen, da sei ein Arbeitsplatz auf vier geringfügig Beschäftigte aufgeteilt worden. So bleibe wohl auch in Zukunft am Wahlabend die Erkenntnis, „der Trog bleibt der Gleiche, nur die Schweine wechseln“.

© Main-Spitze, 24.01.2011