Polterer Rating gastiert mit Programm „Aufwärts“ im Mainzer Unterhaus

Mainz     Arnulf Rating scheint verzweifelt: Dass in den Parteispitzen eher unangenehme Menschen sitzen, mit denen schon zu Schulzeiten niemand spielen wollte, das war ihm klar.

„Aber was in den letzten Jahren in die Politik gespült wird — Ronald Pofalla, Kristina Köhler — da ist selbst das Kabarett am Ende. Mir tut der Kollege Richling leid, der die nachmachen muss, der von hinten in die reinkriecht.“.

Natürlich ist das Kabarett nicht am Ende. Das wird Rating an diesem Abend im Unterhaus beweisen. „Aufwärts“ nennt er sein neues Programm, mit dem er abtaucht in die grausigen Tiefen des Polit-Alltags.

Nur wenige können so eloquent schimpfen. Über die „asoziale Marktwirtschaft“ empört sich Rating: „Die einen hängen abgeschlagen in der Hartz-IV-Falle, die anderen rennen wie im Hamsterrad, um nicht reinzukommen.“ Er geißelt die Schlagzeilen der Boulevardpresse. „Althaus verurteilt: 5000 Euro für tote Skilehrerin“, war zu lesen. „Das ist gerade mal die doppelte Abwrackprämie. Da kommen manche Männer ins Grübeln.“ Und dass Gabriele Paulis Partei nicht zugelassen war zur Bundestagswahl, wohl aber Guido Westerwelles FDP, regt ihn sowieso auf: „Was ist das für ein Land, wo die Hoffnung Westerwelle heißt? Dieser Hassprediger des Neoliberalismus.“

Seit 33 Jahren steht Rating auf der Bühne. Zuerst war er mit Günter Thews als „Die drei Tornados“ unterwegs, später trat er mit großen Kollegen wie Matthias Beltz, Volker Pispers oder Hagen Rether ins Rampenlicht.

Dass er nie so ganz deren Bekanntheitsgrad erreichte, kann unmöglich an seinen Texten liegen. Der 58-jährige Wahl-Berliner kann bissig sein und gemein. Er formuliert auf den Punkt und schmäht auch den Kalauer nicht.

Es liegt wohl eher an der Darbietung selbst. Rating fehlt die markante Persönlichkeit eines Beltz, er ist nicht solch ein Sympathieträger wie Pispers, und die charmante Eleganz Rethers bleibt für ihn unerreichbar. Dieser Kabarettist ist ein Polterer, kein Schauspieler, der wie Richling gekonnt in allerlei Rollen schlüpfen könnte.

Bei Rating gilt das Wort. Seine Satzkaskaden brechen in atemberaubendem Tempo über das Publikum herein. Damit begeistert er, darauf kommt es ihm an. Ohne Sprachkünstler wie Rating wäre das Kabarett tatsächlich bald am Ende.

Gerd Blase

© Mainzer Rheinzeitung, 04.02.2010