Die 3 Tornados und ihre Programme

Reminiszenzen an eine Kabarettlegende

Es gibt sie wieder zu hören – allerdings nur neu auf CD gepresst: die legendären Programme der »3 Tornados«. Im Kabarettsommer bietet Ö1 einen kleinen Rückblick auf den schrägen Humor der drei Unterhaltungskünstler.

Zehn Jahre ist es her, dass sich die legendäre West-Berliner Kabarettgruppe »Die 3 Tornados« im Jahr der Wende aufgelöst hat. Grund genug für das deutsche Plattenlabel Trikont – anlässlich zehn Jahre Mauerfall – die Erinnerung an die damalige Spaß-Guerilla-Theatergruppe noch einmal wach zu rufen.

Die Studenten der Theaterwissenschaften Arnulf Rating und Günther Thews haben angesichts des steten Ost-West-Konflikts, im Zuge der Hausbesetzerszene, Friedensbewegung und Anti-AKW-Demonstrationen beschlossen, ein Theater zu gründen, aus dem »die Leute oben mit erweitertem Bewusstsein und unten mit nasser Hose herauskommen«. Erste Auftritte erfolgten bei Streikaktionen an der Freien Universität Berlin 1977 und anlässlich der Anti-AKW-Demonstration in Brokdorf. Von 1977 bis 1981 war Hans Krank als Musiker mit von der Partie, ab 1981 übernahm seinen Part der Musiker und Zirkuslehrer Holger Klotzbach.

Als Milieukabarett der linken Szene, als alternative Bänkelsänger und Clowns düsten »Die 3 Tornados« bald durch die deutschen Lande – stets auf der Seite der Unterdrückten, Schwachen und Ausgebeuteten. Sie wurden zum Sprachrohr der Friedensbewegung, nicht aber ohne dauernd auch kritische und witzige Seitenhiebe gegen die eigenen Reihen anzubringen. Ihr Markenzeichen war stets, kritisch-aufmüpfige Texte zu deutschen Schlagern zu erfinden. »Razzia-Walzer«, »Todesschuss-Tango«, »Radio Radikal«, »Pershing-Zapfenstreich« sind die Titel einiger ihrer legendären Nummern, die auch auf der CD »Die 3 Tornados 1977–1988« zu hören sind.
Die Tornados heute
Günther Thews starb am 30.1.1993 an Aids. »Es war eine ganz wichtige Zeit der politischen Orientierung und Positionierung«, sagt Arnulf Rating heute. Er hat die meisten Texte der »3 Tornados« verfasst und ist noch immer als Kabarettist unterwegs. Er hat die Kunstfigur »Schwester Hedwig« erfunden und Programme über das Krankenzimmer Deutschland verfasst. Nach wie vor tourt er mit seinen Programmen »Sprechstunde im Wartezimmer von Dr. Marbuse« und »Out of Bonn – Schwester Hedwig kommt zurück« durch Deutschland.

Holger Klotzbach, der 1988 auf offener Bühne einen Herzanfall erlitt, hat sich von der Kabarettbühne zurückgezogen und agiert nun hinter den Kulissen als Co-Leiter der Berliner »Bar jeder Vernunft«, einer der renommiertesten Kabarettbühnen der Stadt, die u. a. die Geschwister Pfister und Georgette Dee hervorgebracht hat. Holger Klotzbach: »Es war eine aufregende Zeit. Es gab etwas, wofür wir gekämpft haben; wir haben uns für die Verbesserung des sozialen und politischen Klimas eingesetzt. Manches hat sich auch verbessert, anderes hat nichts genutzt. Merkwürdig ist nur, dass man heutzutage mit vielen Regierungsmitgliedern per Du ist. Die ehemaligen Mitstreiter haben es sich in den Institutionen bequem gemacht. Heute habe ich auf der Kabarettbühne nichts mehr zu sagen. Was gesagt werden musste, ist gesagt worden. Basta.«

© Osterreich 1, Ö1 gehört gehört 
Kabarettsommer, 29.8.99, 21.00 Uhr 
Gestaltung: Ursula Burkert